Berichte






Reisebericht 
Sprachkurs in Kairo 
6 TeilnehmerInnen (3./5. FS) 
International House Cairo (IHC)
3.3.17-17.3.17





Fertiggestellt zum 14.07.2017
Institut für Arabistik und Islamwissenschaft
Münster




Das Unbekannte ist eine Ausnahme, das Bekannte eine Enttäuschung.“
Francis Martínez de Picabia


Es hat mich zwei Minuten gekostet, ein Zitat zu finden, welches die Tatsache, dass dieser Bericht anonym verfasst wird, irgendwie erklärbar zu machen vermag. Offenbar bin ich grandios damit gescheitert. Freilich wird der eine oder die andere von den Umständen dieser Reise gehört haben und somit die Reisenden problemlos zuordnen können. Das macht nichts, in wenigen Jahren wird uns das Institut vergessen haben, der Bericht aber jemandem vielleicht auch dann noch von Nutzen sein. Nun das Wesentliche und seine Ordnung:


  • الفكرة

  • المسافرون

  • المسكن و التأشيرة و الطيران و النقود

  • مناطق الحذب السياحي

  • الوجبة في القاهرة

  • النقل في القاهرة

  • المعهد

  • الخلاصة و بعض النصيحات








الفكرة

Der grundsätzliche Gedanke, einen Sprachkurs während der Semesterferien im arabischen Ausland zu absolvieren, kam uns als Gruppe bereits im Herbst 2016. Im Laufe der folgenden beiden Monate sollte sich miṣr und somit al-Qāhira und somit das IHC als konkretes Ziel herausstellen, da zum einen bereits positive Erfahrungen seitens höherer Semester unseres Institutes dort gemacht worden waren, es zum anderen aber schlicht an finanziellen Mitteln (für z.B. al-Urdunn), Abenteuerlust (für z.B. ʿumān) oder Glaube an die Möglichkeit, dort fuṣḥā zu lernen bzw. das im Institut Erlernte auch in alltäglicher Kommunikation anzuwenden (in z.B. al-Maġrib) mangelte. Wir entschieden uns für einen zwei- statt vierwöchigen (oder gar noch längeren) Sprachkurs, da dies aus finanziellen und zeitlichen Gründen schlicht die einzige Möglichkeit war. Für den Sprachkurs an sich haben wir ca. 260 Euro gezahlt, die bequem per Überweisung entrichtet werden konnten. Für mich persönlich war dies nicht der erste Aufenthalt in Ägypten und wenngleich eine Kreuzfahrt im Roten Meer mit zweimaligem Landgang (im Touristenort Šarm aš-Šayḫ und Kamelritt bei den Pyramiden) keineswegs einen umfassenden Einblick in das Land zu geben vermochte, so schienen sich die dort gesammelten Erfahrungen und Eindrücke während unseres Sprachkurses vier Jahre später auf verblüffende Weise zu bestätigen. Doch dazu später mehr.


المسافرون

Wir waren zu dreien, als wir während der Lernphase in den letzten Tagen des 2. Semesters zum ersten Mal die Notwendigkeit eines Arabisch-Sprachkurses erkannten. Es kristallisierte sich aber bald schon heraus, dass ein weiterer Kommilitone sowie zwei Kommilitoninnen höheren Semesters sich unserer Idee anschließen würden. Wir traten diese Reise als eine Gruppe von äußerster Heterogenität an, was uns in vielerlei Hinsicht von Vorteil war. Da unserer Gruppe sowohl Männer und Frauen, Muslime als auch Nichtmuslime, Menschen mit familiärem Migrationshintergrund ebenso wie welche ohne selbigen, Vegetarier und jene, die es nicht sind, innewohnten, war der Kompromiss von vornherein unser Begleiter. Ich glaube aber, dass neben der grundsätzlichen Erfahrung eines vielfältigen Zusammenlebens und gegenseitiger gelebter Toleranz sowie dem Zurückgreifen auf Kenntnisse des libanesischen und syrischen Dialekts in Restaurants und Taxis, der Vorteil auch darin bestand, dass wir nicht in jede (sondern nur in fast jede) Touristenfalle tappten, die uns als homogene, europäisch aussehende und mit den Gebräuchen der arabischen Welt gänzlich unbekannten Gruppe höchstwahrscheinlich beschert gewesen wären.

المسكن و التأشيرة و الطيران و النقود

Alles, aber bloß kein klassisches Touriprogramm sollte unsere Maxime sein, weshalb entweder ein Hostel oder eine airbnb-Wohnung als Möglichkeit der Unterkunft in Betracht kamen. Beides erschien für europäische Verhältnisse finanziell durchaus günstig, aber die größere Freiheit und Unabhängigkeit, die eine Wohnung mit sich brachte, zudem die Tatsache, dass wir als Gruppe nicht getrennt wohnen wollten (was als Bedingung in Hostels in der arabischen Welt durchaus nicht unüblich gewesen wäre), überzeugten uns schließlich von letzterer Möglichkeit. Die Wohnung buchten wir etwa zwei Monate vor Beginn des Trips und es ist zu beachten, dass das Geld bei airbnb vorab komplett an den Gastgeber überwiesen sein muss und man faktisch eigentlich keine Möglichkeit hat, einige Tage vorab dort zu verbringen, bevor man dieses zahlt. Einzig die auf der Webseite hinterlegten, jedoch nicht von uns einsehbaren Verifizierungen sowie Bewertungen vergangener Gäste können einem ein Mindestmaß an Sicherheit verschaffen. Nun denn, dieses reichte uns nicht, sodass wir uns, nachdem wir eine geeignete Wohnung (50 EUR/Nacht) in guter Lage gefunden hatten, zunächst die Wohnung nur bis zum 9.3. buchten, geplant also als eine Art Anzahlung, sodass wir im schlimmsten Fall nicht alles Geld auf einmal verloren hätten. Aufgrund mangelnder Antwortbereitschaft seitens unserer Gastgeberin, konnten wir diese Buchung dann anschließend nicht verlängern, sodass wir uns in Kairo nach einer neuen airbnb-Wohnung umsehen mussten und dort ab dem 9. (33 EUR/Nacht) einzogen. Trotz dieser unglücklichen Entwicklung kann ich auch heute nicht ersehen, was wir hätten anders machen können, da eine Wohnung für eine derart große Reisegruppe mit ausreichenden Zimmern und wenigstens einigen wenigen guten Bewertungen in Kairo durchaus rar ist und man einen gewissen Kompromiss in punkto Kommunikation mit dem Gastgeber und der eigenen Risikobereitschaft einzugehen bereit sein muss. Zu den Wohnungen gleich mehr, aber unser (halbes) Vertrauen zahlte sich im Endeffekt aus und wir wurden durch die Wohnungen im Großen und Ganzen nicht enttäuscht. Airbnb zog die Gesamtsumme noch vor Reisebeginn / Umzugsbeginn von meinem Konto ein und wir berechneten später die gerechte Aufteilung auf jeden Einzelnen. Jeder von uns zahlte weniger als 100 Euro für 13 Übernachtungen, was uns also keineswegs arm machte.
Zu relativer Armut hingegen führte hingegen der Flugpreis, der entschieden davon abhing, unter welchen Umständen wir die Flüge buchten; so kann auch hier nur die Binsenweisheit bestätigt werden, dass eine Buchung im Dezember bereits für Hin- und Rückflug wesentlich günstiger (300 EUR insg.) als eine war, die Hin- und Rückflug in mehrmonatigem Abstand bedachte (430 EUR). Abgesehen von Unterkunft, Flugpreis und dem Sprachkurs per se gab jeder von uns noch etwa 200-300 Euro für Essen, Souvenirs und Taxifahrten aus. All dies vor Ort war auch dann noch günstig, wenn – und das war die Regel, nicht die Ausnahme – unter irgendeinem Vorwand der doppelte bis dreifache Preis von uns erwartet wurde. Nachdem wir den mehrstündigen Flug über Thessaloniki und Athen hinter uns gebracht und Kairo erreicht hatten, wurde uns bereits nach wenigen Stunden klar, dass die lokale Währung ǧunayh (aber ginēh ausgesprochen) jene zu sein scheint, mit welcher die Wahrscheinlichkeit, übervorteilt zu werden, noch am geringsten war. Euros und US-Dollar sollten schnellstmöglich gewechselt werden, was sich für uns am Flughafen und auch in genügend Wechselstuben in der Stadt – am besten und fairsten aber im IHC- realisieren ließ. Grundsätzlich ist für Aufenthalte in Ägypten ein Visum notwendig, welches aber problemlos und für umgerechnet 20 Euro am Flughafen erworben werden kann. Hier scheint der Massentourismus vergangener Dekaden bereits dergestalt gewirkt zu haben, dass ein langer bürokratischer Aufwand vermieden werden konnte.
In unserem Falle hatte die unterschiedliche Flugbuchung durchaus die Konsequenz, dass in der Nacht des 3.3. lediglich drei von uns das Apartment erreichten, während unsere Kommilitoninnen gemeinsam gegen Mittag, der vierte Kommilitone aber erst am darauffolgenden Tag dort eintrafen. Nach massiv überteuerter Taxifahrt (15 Dollar) vom Flughafen nach Mohandeseen, al-Ǧīza (also genauer gesagt gar nicht in Kairo selbst, was mir erst beim Schreiben dieses Berichts bewusst wird) wurde uns zum einen die oben erwähnte Notwendigkeit des Geldwechsels erstmals, gleichwohl aber auch das erneut bewusst, was wir uns bereits bei Verlassen des Flugzeuges geschworen hatten – sich nicht von Taxifahrern bereden zu lassen. 
Nach halbstündiger Taxifahrt erreichten wir unser Ziel – Hanins Wohnung - oder doch vielmehr den Ort, wo sie ungefähr liegen sollte – so sollte es noch einige Zeit und Telefonanrufe dauern, bis wir jene betreten konnten. Die Gastgeberin freilich war weit vom Ort des Geschehens entfernt und wir haben sie auch nie zu Gesicht bekommen, aber das Oberhaupt einer fünfköpfigen Familie, die sehr bescheiden im Erdgeschoss hauste und uns trotz Kommunikationsschwierigkeiten stets sehr positiv gesinnt war, zeigte uns des Nachts die Wohnung, wobei ich lernte, dass ein kleines Trinkgeld für freundliche Dienste zwar erst bescheiden abgelehnt, nach gekünsteltem Insistieren aber doch dankbar angenommen wird. Die Wohnung selbst war ungewöhnlich groß, verfügte sie doch über drei Balkone, drei Schlafzimmer, zwei Badezimmer, eine ausladende Küche, ein Arbeitszimmer und ein massives Wohn- und Esszimmer. Das W-Lan funktionierte problemlos und sollte uns in der noch folgenden meist in aller Hektik allmorgendlich stattfindenden Hausaufgabenvorbereitung weit mehr als eine Hilfe sein. Die Einrichtung war allzu freigiebig im Vergleich zu den uns bereits bekannten arabischen Wohnungen eingerichtet – vielmehr schien hier das Inventar einer Weltbürgerin unsere möblierte Gesellschaft zu sein. Verschiedene Buddha-Statuen, allerlei asiatisch und allzu freizügig Anmutendes, Bilder von Reisen einer Familie, deren Identität wir nicht erschließen konnten und eine hauseigene Bibliothek, die anspruchsvolle Literatur bereithielt, der man sich getrost in einem längeren und disziplinierteren Aufenthalt hätte widmen können – freilich nicht in unserem. Hanins Englisch, das ich in unseren Telefonaten am ersten und letzten Tag in ihrer Wohnung, ein wenig kennenlernte, hielt ich anfangs für sehr gut, nach weiteren Erfahrungen mit anderen Ägyptern schienen es und sie mir indes geradezu Ausnahmeerscheinungen zu sein. Wir mutmaßten, sie würde als eine Übersetzerin arbeiten. Nun denn, wir drei suchten uns bei Ankunft die geeigneten Zimmer aus, machten uns mit dem W-LAN vertraut, beglückwünschten uns trotz des groben Mangels an Sauberkeit zu dieser Wohnung und beschlossen, nach einem vergeblichen Versuch, etwas Essbares zu bestellen, draußen Derartiges zu finden. Hierbei ist erwähnenswert, dass wir, die wir da nach wie vor keine Gelegenheit gehabt hatten, unsere Dollars zu wechseln, mit jenen zahlen mussten. So wurde der Preis von drei Pizzen und passenden Getränken von etwa 220 ginēh (in sehr schlechtem Wechselkurs umgerechnet 15 Dollar) zu 50 Dollar angehoben und die absichtlich mangelnde Verständnisfähigkeit des Kellners stießen uns sauer auf, sodass wir unseren Aufenthalt noch in der Nacht unserer Ankunft mit negativem Eindruck begannen und allzu schnell merkten, dass wir mit unserem 3.-Semester-Fusha nicht einmal derartig simple Konversationen bestreiten konnten, was dazu führte, dass die Dialektkenntnisse des arabischen Muttersprachlers unter uns ebenso früh eine zuvor ungeahnte Wertschätzung erlangten. Am darauffolgenden Tag, einem Samstag waren wir dann vollzählig versammelt.


مناطق الحذب السياحي

Es war abzusehen, dass der Vorsatz des einen oder der anderen von uns, nicht als klassische westliche Touristen aufzutreten, sondern als durchaus solche, die sich an der Kultur und Sprache des Landes interessiert zeigten, nicht aufgehen würde, was zum Teil eben daran lag, dass einiges, was von klassischen Touristen gewöhnlicherweise erlebt wird, auch wir erleben wollten und zum anderen, dass selbst die alltägliche Konversation uns häufig vor schier unüberwindbare Hindernisse stellte und wir bis auf wenige Worte unsere Hocharabisch-Kenntnisse im Alltag nicht gebrauchen konnten, nahezu alle Ägypter sich aber auch nicht im Entferntesten an dem interessiert zeigten, was wir hüben mühevoll gelernt hatten und drüben noch zu lernen gedachten. Und so waren wir wohl kaum von klassischen Touristen zu unterscheiden. Wen überraschte es also, dass wir, gerade vollzählig, zuerst eine Taxifahrt zu den Pyramiden unternahmen, deren Plateau, wie wir überraschend feststellten, um kurz nach 16 Uhr Ortszeit bereits geschlossen hatte? Wir ließen uns wie später üblich bequatschen und von einem anderthalbstündigen Kamelritt überzeugen, der uns weniger durch die Wüste als vielmehr durch die Armenviertel derjenigen führte, die vom Tourismusgeschäft al-Ǧīzas leben. Dies waren durchaus eindrückliche Erfahrungen und wenngleich man hin und wieder auf Kopf und Beine aufpassen musste, da diese gefährlich nahe an niedrigen Vordächern und scharfen Kanten vorbeiglitten, so war wenigstens diese unübliche Route, die uns die Lebensbedingungen der Menschen zwischen Dreck, Pferdekadavern und umherstreunenden Hunden aufzuzeigen vermochte, ein ungetrübter Anblick. Ich kam aber nicht umhin, in meinen Gedanken hin und wieder den Vergleich zum Kolonialherren zu ziehen, der hoch sitzend und sich das Elend beschauend doch nie in Gefahr gerät, mit selbigem je in Kontakt zu kommen. Zwar schämte ich mich dieses Vergleiches, dennoch gab die skurrile Szenerie keine anderen Gedanken preis, solange wir noch auf den Kamelen jenes Viertel durchritten und ein Absteigen nicht möglich war. Die uns anfänglich zugesagten 200 ginēh Ausgaben pro Person wurden, da wir nun einmal bis in die Mitte des Viertels gezogen waren und auf den Kamelen gut eingesessen, rasch auf 250 erhöht. Alles in allem mögen die 13 Euro (in gutem Wechselkurs) uns nicht geschmerzt haben, doch war hier erstmals für alle sechs gemeinsam ein negatives Verhalten seitens einiger Ägypter ersichtlich. Nach dem Kamelritt wurden wir noch zu Tee und Wasser „eingeladen“, freilich ohne uns vorher einen Preis zu nennen. Da wir mit dem Schlimmsten rechneten, überlegten wir uns noch rasch eine Strategie - der Versuch eines konsequenten Auftretens durch einen der Unseren sowie ein ebenso konsequenter Abgang aller - die Entschlossenheit demonstrieren sollte, aber in einer offenen Auseinandersetzung auf der Straße, die für uns ungünstig verlief, endete. Als Touristen in einem uns unbekannten Viertel in der plötzlich hereinbrechenden Dunkelheit hatten wir indes auch nicht die erfolgversprechendsten Bedingungen auf unserer Seite, was der Kamelführer und seine Bekannten selbstredend wussten und ausnutzten.
Zwei Tage später besuchten wir den Ḫān al-Ḫalīlī, den größten Markt Afrikas wie es heißt. Seine Gliederung unterteilt sich in einen arabischen und einen „jüdischen“ Teil, wobei letzterer der wesentlich teurere, dafür sauberere und überdachte war, der mich ein wenig an den großen Basar in Istanbul erinnerte. Wir waren zweimal dort, während unseres ersten Besuchs im arabischen Teil, während des zweitens nach kurzem Intermezzo und der Erkenntnis, dass auch für Europäer einiges in Kairo wirklich teuer ist, wieder dort. Es dauerte nicht lange, bis uns Ahmad ansprach, ein glatzköpfiger, leger gekleideter Mann, der uns versicherte, durch das Gespräch mit uns nur sein Englisch verbessern zu wollen und uns nichts verkaufen zu wollen. Nun, wenngleich ihm das niemand glaubte, verfing seine Strategie und er war unser Führer, der uns im Großen und Ganzen während des Tages eine Hilfe war und uns einiges an Geld für Kleidung, Korane und Essen ausgeben ließ. Vor allem aber kaufte einer der Unseren ein Papyrus für wenigstens 1000 ginēh (ursprünglicher Preis 2000) welches die Fähigkeit hat, im Dunkeln zu leuchten. Für künftige Kairo-Reisende ist vielleicht erwähnenswert, dass hinter dem Begriff „Papyrus-Museum“ sich durchaus ein Ort verbirgt, an dem sich Papyri bestaunen lassen, dieses Staunen aber auch gerne in barer Münze zum Ausdruck gebracht wird und hier doch vor allem der Verkauf von Papyri betrieben wird. Der Ḫān al-Ḫalīlī hat seine größeren und seine kleineren, seine bedrängteren und weniger bedrängteren Ecken, vor allem aber ist er sehr intensiv in der Wahrnehmung. So mag man zwischen Lärm, Blicken, Gedränge und Gestank nach Dreck, Benzin und frisch geschlachteten Tieren sich mitunter verloren fühlen, wenige Orte schienen uns aber auch von vollkommener Ruhe zu sein, wie der, an dem ein alter Parfümeur wohltuende Düfte abmischte oder die zahlreichen Gewürzläden, die eine Ahnung von dem gaben, was man sich einst als eines der zahlreichen Geheimnisse des Orients vorgestellt hatte. Über das Verhalten vieler Ägypter gerade auf diesem und anderen Märkten wird noch zu sprechen sein.
Wiederum drei Tage später, am Freitag dem 9.3. konnten wir einen weiteren Haken auf der Touriliste setzen. Taxifahrten in Kairo waren stets spannend und werden noch näher beleuchtet, aber diesen Vorgriff muss ich hier machen. Wir ließen uns in einem Privatfahrzeug in die Nähe des Tahrir-Platzes fahren und der koptische „Taxifahrer“ ruhte nicht, bis er einige andere ägyptische Männer gefunden hatte, die uns wenige Meter über den längsten Fluss der Erde zu fahren bereit waren. Der Preis und die beiden Männer schienen uns nicht geheuer und nachdem sich unser Fahrer verabschiedet hatte, suchten wir – während uns unsere Bootsführer zum Boot führten – eine Möglichkeit zur Flucht. Doch wir waren inkonsequent und ließen uns -welch Wunder- doch überreden. Da wir, als wir schon an den viel zu großen Booten standen, aber wenig Lust verspürten, die Fahrt auf uns zu nehmen, konnten wir endlich in letztlich erfolgreicher Konsequenz agieren und den Preis massiv (auf 600 ginēh von ursprünglich 2000 für zwei Stunden Bootsfahrt) herunterhandeln. Man wird überrascht sein, wie einverstanden sich manche Ägypter zeigen, wenn man nur glaubhaft vermittelt, keine große Lust zu verspüren und entschlossen zu sein. Bei manchen Gelegenheiten aber hat man schlichtweg Pech. Nun, wann es solche und wann jene sind, gilt es herauszufinden. Die Nilrundfahrt voll lauter Musik und gutem Fahrtwind gestaltete sich als in der ersten Hälfte interessant, so sahen wir die Stadt im Hellen sowie wenige Minuten später auch in nächtlicher Dunkelheit, wurde aber schnell ermüdend, sodass wir dem verbliebenden der beiden Bootsführer nicht einmal übelnahmen, unsere Flussreise wenigstens zwanzig Minuten zu früh zu einem Ende zu bringen. 
Einen Tag später nahmen wir die von vornherein geplante Reise nach al-Iskandariyya in Angriff. Zuvor informierten wir uns über unterschiedliche Möglichkeiten der Fahrt dorthin. In Frage kamen ein Reisebus und der Zug. Die Zugfahrt erster Klasse, die letzten Endes gewählt wurde, kann nicht teurer als umgerechnet 2 oder 3 Euro gewesen sein und länger als 2 ½ Stunden gedauert haben. Grundsätzlich gestaltete sich die Fahrt als angenehm, doch die zu Beginn herrschende Temperatur nur knapp über dem Gefrierpunkt sollte sich erst kurz vor Alexandria in eine umwandeln, in der ein Leben möglich war. Kairo ist eine Stadt, in welcher es außer dem aufwendig gestalteten al-Azhar Park und seinesgleichen nur wenige Grünflächen gibt, der Vegetationswechsel hin zu einem begrünteren Gebiet somit musste uns allen während der Zugfahrt positiv auffallen. Die ersten Eindrücke in der „Braut des Mittelmeeres“ waren gänzlich anders als jene in Kairo gewesen, sodass einer der Unseren gar bemerkte, er könnte sich ein Auslandsstudium in Alexandria durchaus vorstellen. Die Straßen waren von weniger Menschen frequentiert, die Luft war unvergleichbar sauber. Wir hatten hier nun erstmals seit unserer Ankunft in Ägypten das Gefühl, frei atmen zu können. Reduzierter Stadtverkehr, deutlich weniger Lärm durch Autohupen und der Meeresduft ließen uns die Stadt anfangs in einem Licht erblicken, dem die Realität gar nicht gerecht werden konnte – in Ägypten wenigstens nicht. Die für das Stadtbild so markante Kūrnīš dient als Verbindungslinie aller Sehenswürdigkeiten und wir verweilten dort für einige Zeit, froh über den Meeresblick. Nach einem Zwischenfall erreichten wir die (uns bis dato völlig un-)bekannte Cap D´Or Bar, vor und in welcher uns von Seiten des Betreibers untersagt wurde, Fotos zu machen. Für einen Drink seien wir durchaus willkommen, doch aus Furcht vor Terroranschlägen wolle man in der heutigen Zeit nicht mehr allzu viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Diese Bar, die ja nun berühmt sein sollte und sicher einst die die Weltoffenheit Alexandrias widerspiegelte, in einem derartigen Zustand zu sehen, verdeutlichte uns erneut die unwürdige Situation, in welcher das gesamte Land zu sein schien. Wenig übrig vom Glanz vergangener Tage. Anschließend die Qāitbāy-Zitadelle, die –laut Wikipedia- auf den Ruinen des antiken Pharos errichten worden sein soll. Ein Besuch auch des Inneren selbiger mag zwar eindrucksvoll sein, entschieden wir uns aber dagegen, nachdem wir einige Zeit auf den ihr vorgelagerten Steinen gestanden und Fotos gemacht hatten. Auch das Meeresmuseum mieden wir. Vielmehr war uns danach, endlich die Bibliotheca Alexandrina zu sehen, die seit 2002 Besuchern im Rahmen ihrer Öffnungszeiten zugänglich ist. Grundlos erwähne ich das nicht, denn natürlich erreichten wir auch die Institution mit dem markanten Glasdach außerhalb derselben und es war uns nicht vergönnt, sie zu besichtigen. Und so fuhren wir mit dem Taxi weiter zur nächsten Sehenswürdigkeit, dem Muntaza-Palast. Kennengelernt hatten wir ihn in unserem Arabischbuch und uns durch jenes von den Gärten des Palastes dergestalt beeindruckt gezeigt, dass eine Besichtigung selbiger obligatorisch war. Als wir nun die Grünanlage betraten, erschien es uns wie die erste Idylle, die wir in ganz Ägypten bis dato kennenlernen durften. Lachende, spielende Familien, frisch vermählte Brautpaare, wenig Lärm und die von uns so geschätzte Meeresluft ließen uns die Bedeutung dieses Zufluchtsortes für jene Menschen erkennen, die auf Dauer in Alexandria lebten. Ohne Eintritt indes war die Oase nicht zu betreten. Nachdem wir dort verweilt hatten, beschlossen wir den Rückweg anzutreten. Verstärkt wurde dieser Entschluss noch durch den plötzlich einsetzenden Sturm, der uns auf den wenigen hundert Metern von Palast bis Ausgang komplett durchnässte und die Idylle friedlicher Menschen jäh untergehen ließ. Wir erreichten schließlich den Bahnhof, verpassten den Zug und nahmen einen kleineren Reisebus, der uns und andere nach Kairo fuhr – und dabei teurer war und länger brauchte als der Zug. 
Bereits einen Tag später, am 11. März erlebten wir einen der weiteren Höhepunkte unseres gesamten Aufenthaltes. Das IHC bot unterschiedliche Ausflugsangebote an und wir hatten uns von Beginn an vorgenommen, wenigstens eines derselbigen wahrzunehmen, um dem viel zu vernachlässigten kulturellen Teil unseres Aufenthaltes wenigstens rudimentär Genüge zu tun. Wir buchten nun zu sechst einen Ausflug, der uns Kirchen sowie je eine Synagoge und eine Moschee zeigen sollte. Nun, drei Monate später komme ich nicht umhin, zu bereuen, diesen Bericht nicht früher angefertigt zu haben, ist mir vieles doch bereits entfallen, was vielleicht hätte von Relevanz sein können. Freilich beginnen sich all die Eindrücke schon zu vermengen. Teuer war der Ausflug nicht und er begann an unserem Institut, so viel ist sicher. Neben uns gab es noch eine weitere Teilnehmerin, uns zuvor unbekannt. Ein Minibus holte uns sieben und unsere Tourführerin, eine sehr weltliche, stark geschminkte und etwas korpulente Frau, die mir auf eine so offensichtliche Art religiösen Befindlichkeiten gegenüber gleichgültig eingestellt war, dass ich mir nicht vorzustellen vermochte, wie sie damit bis dato nie in Bedrängnis geraten sein konnte. Vielleicht mag mich mein Eindruck von ihr aber auch täuschen – oder der von Kairo. Zunächst besichtigten wir die Sergios-und-Bakchos-Kirche, welche bereits dem vierten Jahrhundert entstammt und von der es heißt, sie wurde an jenem Platze errichtet, an dem Maria und Josef einst mit Jesus Zuflucht gefunden haben sollten. Eine Karte im Inneren veranschaulichte ihre vermeintliche Reiseroute. Ich empfand die Andersartigkeit dieses Bauwerks, dominiert von fein verzierter Holzvertäfelung und Elfenbein als einen interessanten Kontrast der koptischen Bauart zu mir bis dahin vertrauten Kirchen und Kathedralen. Nach diesem Tempel besuchten wir die Hängende Kirche sowie die Ben-Ezra-Synagoge. All diese lagen nicht weit voneinander entfernt. Was mir sowohl bei dieser, als auch bei jenen anderen Synagogen, die ich bisher – so z.B. in Prag - besucht hatte, auffiel, war ihre Unauffälligkeit. Weder äußerlich noch bezüglich ihres Inventars scheinen sie mir Gebäude von sonderlich hohem Wiedererkennungswert oder großer Pracht zu sein. Nun, es mag auch hiervon eine gewisse Andacht und Ehrfurcht ausgehen, doch kann ich als Nichtkenner der jüdischen Liturgie gewiss nicht sagen, ob es an der heute geringen Zahl Menschen jüdischen Glaubens in der arabischen Diaspora liegt, oder der Glaube selbst diese Art bescheidenen Tempel vorschreibt. Gegen letzteres spricht indes der heute zerstörte, aber einstmals sicher prunkvolle Zweite Jerusalemer Tempel. Spektakulär indes waren jene Kopten, die in diesem abgesicherten Komplex der Kirchen und Synagogen eine heilige Messe feierten, welcher wir für einige Momente beiwohnen durften. Die Mischung aus orientalischer Glaubenspraxis, so man denn von ebensolcher sprechen kann, und einer Religion, die ich doch nur in ihrer okzidentalen Orthopraxie kennengelernt hatte, rief große Bewunderung in mir hervor. Unsere Reiseführerin erklärte, dass es nicht die arabische, sondern die koptische Sprache sei, eine Art Vorläufer in Ägypten, welche hier Sprache der heiligen Messe war. Diese Messe, zudem ab und an mit arabischen Begriffen durchsetzt, erinnerte mich entfernt an islamische Gewohnheiten und war doch so anders. Männer und Frauen saßen getrennt voneinander, letztere mit bedecktem Haar. Vorne wirkte es, als stünden dort vier Priester sowie ein Hohepriester, die die mir gänzlich fremde Liturgie vollzogen. Sie sangen und das Gebäude war erfüllt von ihren Stimmen. Gerne hätte ich dieser Prozession noch länger beigewohnt, doch war dies nicht die letzte Station unseres Ausfluges. Wir besuchten zum Abschluss noch die Moschee des ´Amr ibn al-As, welche als älteste Moschee Afrikas gilt. Die Erklärungen unserer Führerin zu ebenjener waren interessant, ihre persönliche Religionsauslegung indes für uns nicht. Mag sie ja ein liberales Islamverständnis haben, theologisch fundiert schien es mir nicht. Ebenfalls die Tatsache, dass sie als einzige Frau in der Moschee glaubte, weder Kopftuch noch Schal oder Umhang tragen zu müssen, wenngleich dies auf mehreren Schildern für Besucherinnen deutlich vorgeschrieben war, ließ mich gerade in dem Punkt zweifeln, da sie doch als Ägypterin mit den Gepflogenheiten ihres eigenen Landes vertraut sein sollte. Während einer der Unseren noch das ´Asr-Gebet vollzog, warteten wir anderen vor Eingang der Moschee und beobachteten die hereinströmenden Gläubigen. Soweit ich weiß für islamische Gebräuche unüblich wurde gar ein Sarg von mehreren Männern hineingetragen. Unsere Faszination wurde dadurch getrübt, dass einige Straßenkinder uns und andere um Geld anbettelten. Die Masche zog bei uns nicht und erstaunlicherweise ließen sie sofort von uns ab, als eine Gruppe Chinesen die Moschee zu betreten gedachte. Jene zeigten sich auch sogleich spendabler und die Kinder mögen weitere gute Geschäfte gewittert haben, bis schlussendlich ein Mann aus der Moschee heraustrat und sie mit seinem Gehstock verjagte. Ein Mädchen mit auffällig blondierten Haaren tat gar so, als sei es durch diesen verletzt worden, setzte sich auf die Treppe vor der Moschee und simulierte ein Weinen. Als ihm das keinerlei Ertrag einbrachte, hörte es auch sogleich mit dem Schauspiel auf. Wir stimmten alle darin überein, dass die Eltern dieser Kinder zur Rechenschaft gezogen werden sollten, glaubten wir doch, sie würden von diesen zum Betteln geschickt. Umso überraschter zeigten wir uns, als wir durch unsere Reiseführerin erfuhren, dass diese Kinder keineswegs bei ihren Eltern wohnten, sondern allesamt entführt worden waren und ihr furchtbar trauriges Leben in einem Haus in der Nähe verbrachten, das von einer Verbrecherorganisation geleitet wurde und dass die armen Geschöpfe vermutlich getötet werden würden, sobald man ihrer nicht mehr bedürfte. Hier war mehr als ein massives Staatsversagen erkennbar. Anteilnahme und Hilflosigkeit. 
Der 14. März war voller schöner Momente. Zunächst besuchten wir den al-Azhar Park, einer der schönsten Orte in Kairo, den wir zu Gesicht bekamen und der bezeichnenderweise auf einer Müllkippe errichtet wurde. Der Eintritt war auch hier erwartbar. Mag der Ort sich durchaus mit den Gärten des Muntaza-Palastes vergleichen lassen, so ist der Kontrast zur restlichen Stadt hier ungleich intensiver wahrnehmbar gewesen. Wir genossen dort Eis und allerlei Süßigkeiten, gänzlich ohne Gram ob der überteuerten Preise, besahen uns dann auf einer Steinmauer sitzend das Panorama Kairos im Glanz der untergehenden Sonne. Der Park selbst ist in der Tat von außergewöhnlicher Schönheit. Als es dunkel war, legten wir sechs uns auf eine Wiese und ich mag mir kaum vorstellen, wie jemand beim Blick in den klaren Sternenhimmel, umringt von dem Geräusch leise plätschernden Wassers und lachender Kinder nicht das Gefühl vollkommener Glückseligkeit innehatte. Im Nachhinein erfuhr ich, der Park sei ein Geschenk Aga Khans gewesen und die Initiative zu seiner Schaffung nicht von der ägyptischen Regierung ausgegangen - allzu überraschend war es nicht. Auf unserem Weg hinaus fanden wir einen Spielplatz vor, den aufzusuchen wir uns nicht verwehren konnten. Niemand fühlte sich fremd, keiner genierte sich, in absoluter Harmonie lebten wir von ägyptischen Besuchern beobachtet ein Stück Kindheit aus. Als wir dann in Dimas Wohnung ankamen, war es zwar bereits spät, doch hegten wir jungen Männer den Wunsch, ein ḥammām aufzusuchen, schließlich wird eine gepflegte Badekultur der arabischen Welt durchaus nachgesagt. Die von uns zuvor ergoogelte Adresse führte uns nach einer halbstündigen Taxifahrt ins Nichts, genauer gesagt in ein Viertel, das nicht reich noch arm war, wohl aber nie zuvor von einem Europäer betreten, so schien es uns. Wir beschlossen, uns dort auf die Suche nach dem ḥammām zu machen, fanden es freilich nicht und waren recht schnell von einer Schar neugieriger Kinder umrungen. Es sind Momente wie dieser, in welchen man einerseits eine Konversation aufzubauen versucht und den Weg erfragen will, andererseits in einem fremden Viertel einer keineswegs sicheren Dritte-Welt-Millionenstadt steht und der Situation verständlicherweise zu entkommen versucht. Wir entschieden uns, ein angebotenes Tuk Tuk zu besteigen, das uns letztlich zum ḥammām brachte. Die Fahrt indes gestaltete sich als Höllentrip und wenngleich ich doch vielleicht unentspannter als die anderen reagierte, rate ich jedem, der nicht eines gewaltsamen Todes sterben will, selbige Gefährte zu meiden, erst recht, wenn ihre Fahrer sich noch im vorpubertären Alter befinden. Die Fahrt einmal überlebt, war uns im ḥammām ein entspannter Abend vergönnt, wenngleich man natürlich keine europäischen Hygienestandards erwarten darf -die wir auch nicht erwarteten-, einige Regeln in punkto Nacktheit (gar in der Umkleide) zu beachten hat -die wir zuvor nicht zu beachten gedachten- und die Massage auch einer mittelalterlichen Folterpraktik nicht unähnlich gewesen zu sein schien - im Endeffekt waren aber alle Glieder eingerenkt.
An meinem letzten Abend in Kairo, am 16. März, besuchten wir das Ägyptische Museum, welchem internationale Berühmtheit beschienen ist. Der Andrang im Eingangsbereich war überraschend groß und nachdem wir alle Sicherheitsschleusen hinter uns gelassen hatten, folgten wir dem Strom der Menschen vom Haupteingang des Museumsgebäudes vorbei hin zu einer Stimme, die aus Lautsprechern drang und die in einem Englisch sprach, in dem wir nach wenigen Augenblicken einen deutschen Akzent zu erkennen vermochten. Wenigstens einhundert Menschen hatten sich zu einer öffentlichen Präsentation versammelt, Fernsehkameras und gar eine Kameradrohne waren anwesend. Wie wir nach wenigen Momenten erfuhren, gehörte die Stimme dem deutschen Leiter eines Archäologen-Teams und verkündete die Umstände des Fundes einer Statue Ramses II., die an jenem Tage erstmals der Öffentlichkeit präsentiert werden sollte und sich noch unter einer Plane befand (Einige Tage nach meiner Ankunft in Deutschland erfuhr ich, dass die Statue vermutlich doch nicht Ramses II. zeigt). Nachdem wir eine Weile zugehört hatten, entschieden wir uns zur Besichtigung des Museums. Es ist sicher schon allerhand über Besuche dieses Museums geschrieben worden, sicher auch von jenen, die dies besser können als ich, sodass ich mich auf die Darstellung des für uns Überraschenden beschränke. Sowohl die Ordnung als auch die Beschreibungen der Ausstellungsstücke waren katastrophal oder gar nicht vorhanden. Es gab keinerlei chronologische oder thematische Struktur, die für uns erkennbar war, die Informationen gaben sehr wenig preis und zu guter Letzt waren es schlichtweg viel zu viele Ausstellungsstücke. Freilich war darunter Beeindruckendes, doch vermag das der wenig kundige Besucher nur selten zu erkennen, sofern er keine Informationen darüber hat. Gar ein Diebstahl schien hier nicht unmöglich, wenngleich der kulturelle Wert der Museumsstücke doch unschätzbar sein muss. Nun denn, wir verließen das Museum nach einer Weile und genossen auf unserem Nachhauseweg ein letztes Eis. 


الوجبة في القاهرة

Da uns fünf Tage in der Woche der Unterricht von 10.45-14.45 Uhr beschienen war und wir jede Gelegenheit zur Aktivität außerhalb der Wohnung wahrnehmen wollten, war es klar, dass wir häufig außerhalb aßen. Es mag diszipliniertere Menschen als mich geben, jene, die akribischer forschen und ihre Ideale nicht bei jeder sich bietenden Fast Food-Gelegenheit über Bord werfen, aber ich habe es nicht geschafft, mich außerhalb der Wohnung und des Instituts (Essen in guter Qualität, aber "teuer") vegetarisch zu ernähren. Mochte selbst dies mit besseren Sprachkenntnissen auch möglich gewesen sein, so wurden wir an unserem ersten Tage im Institut bereits davor gewarnt, in Kairo Salat zu essen, was unsere Möglichkeiten zusätzlich einschränkte. Und so kam es, dass wir nahezu immer Fast Food aßen, das mitunter bekömmlich, es mitunter aber auch nicht war. Manchmal mag ein Ereignis wie das gemeinsame auswärtige Zelebrieren von Nahrungsmitteln, deren Verspeisen auf manierliche Art selbst Herrn Knigge unmöglich sein dürfte, aus den größten Feinden Freunde machen. Teuer ist das Essen freilich nicht, doch hier muss man vorsichtig sein. Am besten schaut der Hungrige auf alle Karten, die er im Restaurant zu finden vermag und fragt vorab nach dem Preis, denn erfahrungsgemäß wird man gerade hier häufig übervorteilt - bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Neben Salat ist von Fisch unbedingt abzuraten. Es lässt sich übrigens auch günstig auf dem Markt einkaufen und selber kochen. Mag manch einer auch hierzulande eine rein fleischvolle Essgewohnheit kennen, die ihn vermutlich nicht alt werden lässt, so trifft das doch hoffentlich nur auf die wenigsten zu und vielen ist eine abwechslungsreiche Ernährung beschienen. In Kairo war unsere dies nicht und die Auswirkungen bei Ernährungsumstellung sind ja allgemein bekannt, sodass von vornherein auf den Einsatz von Arznei gebaut werden sollte, um das Schlimmste zu verhindern. Hier noch einige unverfälschte Zitate unserer Gruppe über das Essen:
"absolut widerlich, es gibt keinen vernünftigen Käse (PIZZA!!!)"
"Falafel war das Beste und der frisch gepresste Saft"


النقل في القاهرة

Viel Literatur ist geschrieben worden über schwarze, weiße und gelbe Taxis in Kairo. So las ich nach (!) unserem Aufenthalt, dass die gelben nur reserviert genutzt werden können und zugleich den größten Komfort bieten, die schwarzen hingegen jene der ältesten Bauart sind und die weißen theoretisch die Mitte bilden. Preislich sind sie somit unterschiedlich. Zudem sollte man nicht auf Taxameter bauen, die auch gar nicht jedes Taxi hat, sondern vorab einen Festpreis aushandeln und dies unmissverständlich deutlich machen. Denn häufig suchten Fahrer nach jeder Möglichkeit, doch noch mehr zu verlangen (frei übersetzt: "30 ginēh? Klar, aber da ihr normalerweise mit zwei Taxis fahren würdet, meinte ich zweimal 30 ginēh"). Hier muss man konsequent sein und den Konflikt riskieren, der durchaus in der Verhaftung völlig Unbeteiligter enden kann. Mit gelben Taxis sind wir übrigens nie gefahren, selten mit schwarzen und somit meist mit den weißen. Uns als größere Gruppe Ausländer wollten viele fahren, sodass wir bezüglich des Preises häufig die Wahl hatten und unsere Vorstellungen mitunter drei oder vier Fahrern gleichzeitig mitteilen konnten, die hintereinanderstanden. Irgendeiner fand sich immer. Erwähnenswert ist auch, dass wir auf den meist vier freien Plätzen eigentlich immer zu sechst saßen, um Geld zu sparen - und des Spaßes wegen. Manche Fahrer ließen sich nicht darauf ein, doch es galt auch da - irgendeiner fand sich immer. Probleme hatten wir deshalb nie. In den seltenen Fällen, in denen wir nicht das Taxi benutzten, fuhren wir in einem der Linienbusse, in die man, da sie nicht anhielten, weniger einsteigen als vielmehr auf Speed-Art (USA, 1994 und sehenswert) hineinspringen musste und deren Fahrten kaum weniger actiongeladen als jene von Keanu Reeves im Film waren – freilich erinnerten auch unsere Taxifahrten häufig an Taxi Driver (USA, 1976 und nie gesehen). Tuk Tuk-Fahrten hingegen scheinen am besten mit Highway to Hell (USA, 1991 dito) beschrieben. Dennoch sind selbst diese der Möglichkeit vorzuziehen, auch nur wenige hundert Meter in dieser Stadt zu Fuß zu laufen, wenn man irgendwann ankommen möchte. Übrigens spricht im Verkehr niemand fuṣḥā und fast niemand mehr als einige Brocken Englisch.


المعهد

Fast jeder sprach fuṣḥā und Englisch in unserem Institut (IHC), in dem wir zehn Tage lang Unterricht hatten, neun davon bei derselben großartigen Dozentin, den anderen bei einer anderen (allein meiner Meinung nach) noch großartigeren. Die Erfahrungen dort unterschieden sich gänzlich von jenen, die wir außerhalb machten. Die Menschen waren freundlich und hilfsbereit, das Essen halbwegs ausgewogen, die Wechselkurse fair und die Tripangebote interessant. Zudem trafen wir unterschiedliche Menschen, die für unterschiedlich lange Zeit dort in unterschiedlichen Niveaus fuṣḥā und den ägyptischen Dialekt (al-ʿāmmiyyalernten. Zu Beginn gab es eine mündliche Voreinstufung des Sprachniveaus, im Anschluss eine schriftliche Überprüfung auf dem Niveau, auf dem wir in der mündlichen dann eingeschätzt worden waren. Neben dem Gemeinsamen europäischen Referenzrahmen für Sprachen (CEFR) gab es innerhalb des Instituts ein eigenes 12-stufiges System. Wenigstens auf erstere Prüfung war niemand von uns vorbereitet gewesen und ich für meinen Teil war froh, dass man mir während selbiger grundlegende Kenntnisse der arabischen Sprache überhaupt abnahm, denn mir selber schien, als hätte ich diesen Eindruck nicht erwecken können. Die anderen teilten meine Einschätzung dahingehend. Wir, die wir in unterschiedlichen Semestern studierten, wurden teilweise unterschiedlich eingestuft, hatten aber die Gemeinsamkeit, dass die uns zugeteilten Kurse allesamt klein waren und wir mit den Dozentinnen gut zurechtkamen. Grundsätzlich lässt sich außerhalb des Instituts alleine effektiver als in einer Sechsergruppe lernen und ebenso sicher lässt sich das während eines längeren als zweiwöchigen Aufenthaltes. Das eigentlich motivierende "Englisch verboten"-Schild im Seminarraum wurde nach dem zweiten Tage auch rasch abgehangen – was für eine Kapitulation. Thematisch bewegten wir uns im Unterricht gänzlich in buchstäblich katastrophalen Themen, so sprachen wir über Überflutungen und Erdbeben und Vulkanausbrüche. Wir wiederholten bereits Bekanntes und lernten ebenso Unbekanntes. Das begleitende Buch war vergleichsweise teuer (ca. 20 Euro), doch durchaus sinnvoll gestaltet und beinhaltete eine Audio-CD, die niemals jemand von uns je gehört hat. Freilich erledigten wir unsere Hausaufgaben immer morgens vor dem Unterricht und sicher fühlte sich der eine oder andere an die Schulzeit erinnert. Nochmal - wir alle hätten mehr lernen können, wären wir allein gereist und für länger dort geblieben. Im Abschlusstest schlossen wir auch alle nur durchschnittlich ab. Das Institut wird uns dennoch in positiver Erinnerung bleiben. 


الخلاصة و بعض النصيحات


Seid vorsichtig gegenüber dem anderen Geschlecht, grüßt es am besten nicht einmal mündlich - wenigstens nicht in dunklen Ecken des Ḫān al-Ḫalīlī. Bedenkt, dass die Lage im Lande katastrophal ist und die wenigsten Menschen ein glückliches Leben führen, jeder Ausländer also von vielen vor allem als Geldquelle wahrgenommen wird. Ich sprach mit anderen nach unserem Aufenthalt über Ägypten und sie schienen positivere Erfahrungen gemacht zu haben als wir, doch wenigstens uns sechs ist gemein, dass wir abgesehen von unserem Institut die besseren Kontakte während unseres Trips an zwei Händen abzählen können (die Eisverkäufer des letzten Abends in Kairo, vielleicht zwei Taxifahrer, meinen Sitznachbarn auf dem Rückflug nach Düsseldorf, den Masseur im ḥammām, den Trainer im Fitnessstudio, den Kellner im Shishacafé, das einen Tag nach unserem wundervollen Besuch abgerissen wurde, Hanin und Dima am Telefon, Hanins Nachbarsfamilie und Dimas Tante - zugegeben, zwei Hände können viele Finger haben), die negativen hingegen uns überall zu begleiten schienen - in Kairo, Alexandria und die anderen später bei ihrem Trip nach Hurghada. Seien es sehr viele der Taxifahrer, die Eisverkäufer in Alexandria oder sehr sehr viele Kellner, vermeintlich hilfsbereite Männer am Ḫān al-Ḫalīlī, die Kamelführer an den Pyramiden und mit jenen zu gut bekannte Streifenpolizisten, gefühlt 90 % aller Männer unter 30 Jahren auf jedem Markt, auf dem wir mit unseren Kommilitoninnen auftauchten, Bootsführer auf dem Nil, sogar mein freundlicher Gast in Deutschland, der mir versprach sich unserer in Kairo anzunehmen, plötzlich aber bei Whatsapp nicht mehr schrieb, als es konkret wurde - nein, es wurde uns nicht leicht gemacht, die Ägypter zu mögen und das obwohl wir in manchen Situationen durchaus mit solchem Verhalten rechneten und uns dahingehend für wenig naiv hielten. Für manches mag man Verständnis haben, für anderes nicht. In Alexandria erfuhr ich während einer Taxifahrt im Gespräch mit zwei Studenten aus dem Irak und Palästina, dass auch sie vor diesem Verhalten nicht verschont und von ihm negativ überrascht worden waren. Immerhin erkannten wir hier das Prinzip der Gleichbehandlung, das Europäer und Araber auf gleichermaßen schlechtem Wege erleben durften. Der Iraker gab zu, dass es in seinem Heimatland indes nicht anders zuginge, der Palästinenser, der in Jordanien aufgewachsen war, versicherte uns aber, dass ihm dieses Verhalten gänzlich unbekannt sei. Offensichtlich, wo der nächste Sprachkurs also nicht und wo er gegebenenfalls stattfinden könnte. Meine Erfahrungen in Algerien und die Erfahrungen einer Kommilitonin im Libanon waren wesentlich positiver gewesen, indes mochten wir dort auch wirklichen Zugang zur Bevölkerung gehabt haben, was uns in Ägypten nicht vergönnt war. Es mag der Tag kommen, an dem Ägypten wieder goldene Zeiten erleben wird, die Menschen Diktatur und Armut hinter sich lassen können, die Bevölkerung sich der Wirtschaftsleistung angemessen entwickelt und Rußpartikelfilter in Kairo eingeführt werden, sodass Kinder frei zu atmen vermögen. Es mag sein, dass eines Tages Blumen in den Straßen blühen und Ägypten den Platz, den es so häufig in der Geschichte innehatte, in Frieden wieder einnehmen wird. Den Menschen ist es zu wünschen und wir würden wiederkommen. Doch dieser Tag scheint so fern.

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